Akzeptanz

Aus Enigma
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Die Akzeptanz des propagierten Web 2.0 ist bei Älteren weit skeptischer, als bei jüngeren Jahrgängen.


Nicht die Angst vor Neuem ist der hauptsächliche Beweggrund, sondern die Lebenserfahrung, die Neuem gegenüber zu abwägender Beurteilung rät. Daneben gibt es sicherlich eine bestimmte Besorgnis, neuer Technik gegenüber hilflos, jedenfalls jüngeren Menschen unterlegen zu sein, die augenscheinlich mit dieser Technik souveräner umgehen.


Neues in der IT-Branche wird – wie vieles andere in der Wirtschaft von heute – mit lautem Getöse und großem Werbeaufwand in den Markt gedrückt. Offensichtlich interessengesteuerte Meldungen, Autoren von Büchern, die ihren Werken den Anschein von Wissenschaftlichkeit und Unumstößlichkeit geben, tragen zur Skepsis, ja Ablehnung bei. Ähnliche Entwicklungen sind im sogenannten Web 2.0, einer Erfindung eines amerikanischen Autors von Büchern aus der IT-Branche, zu beobachten.


Sicher ist, daß sich ständig neue Anwendungen im Internet ergeben. Ob sie unter das Rubrum „Web 2.0“ fallen, sei vorerst dahingestellt. Wirtschaftskreise propagieren oft neue Angebote als „Web 2.0“-Angebote in der Annahme, technikaffine Nutzerkreise anzusprechen. Das fällt umso leichter, als es bis heute keine eindeutige und klare Definition dessen gibt, was „Web 2.0“ eigentlich ist. Ein deutlicher Hinweis darauf, daß das „Web 2.0“ keine absolute Neuheit ist, sondern, von wirtschaftlichen Interessen gesteuert, verschiedene, sich aus der technischen Entwicklung ergebende Möglichkeiten zusammenfasst und auf die Neugier und teilweise Fortschrittsfreundlichkeit des Publikums spekulierend, neue Märkte generieren will.

Anwendungen und Angebote, die offensichtlich Nutzen für einen großen Kreis von Anwendern bieten, setzen sich sowohl bei Jüngeren als auch bei Älteren durch. Versuche allerdings sind in der Regel Jüngeren vorbehalten. Daß es von vornherein Angebote für unterschiedliche Altersgruppen gibt, sei am Rande erwähnt.


Die Ansicht, daß die typischen Web 2.0-Anwendungen, wie soziale Netzwerke, nicht auf allgemeine Akzeptanz stoßen, läßt sich durch Statistiken belegen. Selbstverständlich darf nicht über einen Kamm geschoren werden. Wie schon erwähnt, gibt es einige sinnvolle und ausbaufähige Anwendungen neben eher unausgereiften Lösungen, die dem Bedarf und den Vorstellungen der Nutzer nicht gerecht werden.


Bei der Beurteilung darf man sich weniger als üblich auf offizielle Angaben der Anbieter verlassen. Im September 2007 berichtet www.firmenpresse.de unter Berufung auf eine aktuelle Auswertung von „comscore“ bei der Messung von Online-Daten, daß „My Space“ die „Top-Position“ in Deutschland bei den sozialen Netzwerken mit 3,7 Besuchern erreicht habe. Die Nutzerzahlen hätten sich somit in den letzten 12 Monaten mehr als verdoppelt. „Facebook“ dagegen habe mit 177.000 deutschen Besuchern einen klaren Abstand.

Am 7. Mai 2009 berichtet die „Tagesschau,“ „Stagnierende Nutzerzahlen, My-Space Gründer geben auf.“ Zwischenüberschrift: „Von Facebook überholt.“ Im folgenden Wortlaut: „Facebook hat My Space im vergangenen Jahr als Nummer eins bei den Social Networks überholt...“

Immerhin wird hinzugefügt: „Beide Unternehmen suchen allerdings noch nach einem dauerhaften Geschäftsmodell, weil die Werbeeinnahmen offenbar hinter den Erwartungen zurückbleiben.“


Hier sei sogleich auf einen Pferdefuß des Web 2.0 in seiner propagierten Form hingewiesen. Es ist von vornherein als Werbeplattform auf allen seinen Anwendungen und Angeboten konstruiert. Deshalb die Propagierung durch Unternehmen und wirtschaftlich engagierte Personen, die vorgebliche Kostenfreiheit vieler Angebote, die – wie z.B. bei StudiVZ – später durch Nutzung von Daten für Werbezwecke ad absurdum geführt werden und Unmut erzeugen.


Solches läßt die Akzeptanz schwinden, die anfänglichen Nutzerzahlen gehen vielfach zurück. Firmen, die sich eine Werbeplattform wünschten, verlassen die Netzwerke. Ein inzwischen fast vergessenes, damals für weitreichende Berichterstattung sorgendes Angebot „Second life“ sorgte wegen des auf Dauer mangelhaften Zuspruchs bereits am 29. Juli 2007 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für einen Artikel mit der Überschrift „Der Avatar ist oft allein.“ In logischer Konsequenz verzichteten in Folge Firmen wie Deutsche Post und Daimler Benz auf ihre Präsenz.

„Das Web 2.0 drängt an die Online-Werbetöpfe“ titelt ebenfalls die F.A.Z. am 19. Nov. 2007.


Jochen Gutbrod, stellvertretender Vorsitzender der Holtzbrinck-Geschäftsführung (StudiVZ) sagt dem „kressreport“ „Die Kommerzialisierung von Communities ist ein längerfristiges Projekt, als wir gedacht haben. Es gibt Widerstände der Agenturen und der werbetreibenden Industrie.“

„Trotzdem glauben wir, daß sich der Trend wie der zu Communities über kurz oder lang auch monetarisieren wird.“


Daß die Kritik an der Datensammelwut, jedoch auch das Erstaunen über die Freizügigkeit der Nutzer bei der Offenlegung intimer Daten und Fotos im Internet zunimmt, überrascht nicht. Ein zusätzliches Erschwernis für die Betreiber der „sozialen Netzwerke.“


Zusammenfassend kann angenommen werden, daß vor allem bei Älteren die Akzeptanz des Web 2.0 in seiner gegenwärtigen Form eher abnimmt. Wer die Werbeberieselung im Alltag ablehnt, wird sie nicht im Internet akzeptieren. Der mangelnde Datenschutz, das Erkennen, daß die Angebote als Werbeplattform dienen und das Nachlassen des Glaubens, man müsse als moderner Mensch an der Entwicklung teilhaben, stimmen skeptisch. Das bedeutet keineswegs, daß einzelne sinnvolle Anwendungen nicht angenommen werden. Das Web 2.0, nicht einzelne Anwendungen, sind Gegenstand der Betrachtung.